Zum Abschied von Sonja Grund
Von Laurenz Lütteken, dem Vorsitzenden des Fellowclubs
Das Wissenschaftskolleg erweist sich für alle Fellows und Gäste stets als ein kleines Wunder der wissenschaftlichen Welt: unkompliziert, glänzend organisiert, durchweht von einem freundlichen Geist und einem sympathischen Klima, eine Welt der kurzen Wege, der schnellen Hilfen. Ein Herzstück in diesem Paradies ist die Bibliothek, die in atemberaubend reibungsloser Perfektion funktioniert, in allen analogen und digitalen Bereichen. Kein Wunsch ist dort zu entlegen, kein Bedürfnis zu abwegig, keine Frage zu kompliziert. Und immer geht alles nicht nur lautlos vor sich, sondern in fast unheimlicher Geschwindigkeit. Eigentlich müsste sie ein Ort der Hektik, der Geschäftigkeit sein – und sie ist das genaue Gegenteil, als Hort der Ruhe, der Konzentration, der Hilfsbereitschaft. Der Furor des digitalen Zeitalters lässt es oft vergessen, eine wie bereichernde Erfahrung es sein kann, in einer Bibliothek zu sitzen, zu arbeiten – zu lesen. Die Weiße Villa erinnert einen unentwegt daran.
Und, wie stets, die Dinge funktionieren ja nicht einfach, weil sie nun mal „da“ sind. Jeder reibungslose Ablauf erfordert höchste Professionalität, große Anstrengung, hilfreiche Zugewandtheit – und unausgesetzte Geduld. Sonja Grund hat am ersten September 2009 die Leitung der Bibliothek übernommen – und deren guten Geist sozusagen ins neue Jahrtausend, in das Zeitalter von elektronischen Medien und Digitalisierung überführt. Und sie hat es ebenso geschickt wie feinsinnig gemacht. Vielleicht ist dies auch ein Wesensmerkmal der Kunsthistorikerin, die 2006 in Berlin mit einer Arbeit über neapolitanische Adelskapellen promoviert wurde. Die Studie trägt den schönen Titel „Teatri della Gloria“, was irgendwie auch für die Wiko-Bibliothek zutrifft, ein teatro della gloria ganz eigener Art.
Dem Fellowclub war Sonja Grund besonders eng verbunden, nahm sie doch vom Sommer 2014 bis zum Sommer 2017 dessen Geschäftsführung wahr, in einer Phase der organisatorischen Umstellung. Auch nach ihrem Abschied aus dem „aktiven“ Amt und der Übergabe an Vera Kempa nahm und nimmt sie an den Geschicken des Fellowclubs intensiv Anteil. Das lag natürlich an ihrem Wirkungsfeld, denn in der Bibliothek hatte sie stets mit allen Fellows, mit ihren zum Teil herausfordernden Wünschen, mit den Bedürfnissen ihrer Vorhaben zu tun. Und stets war sie dabei nicht nur äußerst hilfreich, sondern auch eine interessierte, engagierte Zuhörerin.
Zum Herbst 2020 hat Sonja Grund eine neue berufliche Herausforderung an der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel übernommen – jenem Ort, der für sie und ihre Familie zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Halensee und Förde bilden zwei denkbar große Kontraste, dies gilt auch für das behagliche Kolleg und das Getriebe einer großen Landesbibliothek. Der Fellowclub verdankt Sonja Grund viel – und wünscht daher für den Neubeginn alles erdenklich Gute. Es ist müßig zu betonen, daß alle Mitglieder des Fellowclubs sich freuen würden, wenn Sonja Grund ihre Verbundenheit mit dem Kolleg und den Fellows durch ihre Teilnahme bei künftigen Treffen zum Ausdruck bringen würde. Sie ist dazu herzlich eingeladen – und muss den Weg zur Spree deswegen gewiss nicht per Schiff zurücklegen.